Keine Frage, Nachhaltigkeit ist eines der Schlüsselthemen der nächsten Jahrzehnte für Unternehmen und für die Wirtschaft insgesamt.
Neben dem offensichtlichen Handlungsbedarf aus ökologischer Perspektive ist dies auch zunehmend eine Frage des langfristigen Gewinnpotenzials. Eine McKinsey-Umfrage stellte 2021 beispielsweise für den DACH-Raum fest, dass mehr als drei Viertel der Konsument:innen (78 %) bei der Kaufentscheidung auf Nachhaltigkeit als Kriterium achten.
Um die Nachhaltigkeit voranzutreiben, priorisiert die Gesetzgebung auf europäischer wie auf nationaler Ebene mittels der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) die entsprechende Berichterstattung. Sie soll es leichter machen, Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu steuern, nachzuverfolgen und zu beurteilen.
Richtlinien und Gesetze sind aber komplex und ständiger Weiterentwicklung unterworfen. In diesem Blog Post geht es deshalb darum
Denn: Ein proaktive Herangehensweise ist gefragt. Beim Thema Nachhaltigkeit die Ärmel hochzukrempeln, macht Veränderungen erst möglich und signalisiert Stakeholdern die Bereitschaft zur Übernahme von ökonomischer, ökologischer und sozialer Verantwortung.
Berichterstattung zum Thema Nachhaltigkeit ist Großunternehmen spätestens seit 2017 ein Begriff. Damals wurde die EU-Richtlinie „Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)” als „CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG)” im deutschen Recht und als „Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG)” im österreichischen verankert. Ursprünglich als „Non-Financial Reporting Directive (NFRD)” eingeführt, betont der neue Name der EU-Richtlinie mit dem Begriff „Corporate Sustainability” den Fokus auf Nachhaltigkeit als Wirtschaftsziel. So wird das Thema in der Unternehmensberichterstattung integral behandelt und finanziellen Themen gleichgestellt.
Die CSRD legt den Umfang und Inhalt der Berichterstattungspflichten von Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit fest. Ursprünglich galten diese für kapitalmarktorientierte Gesellschaften sowie Finanzdienstleister und Versicherungen, die mehr als 500 Beschäftigte sowie mehr als 40 Mio. Umsatz oder eine Bilanzsumme von mehr als 20 Mio. EUR aufweisen. 2018 identifizierte eine Studie in Deutschland 487 Unternehmen, die nach diesen Regelungen unter dem CSR-RUG berichtspflichtig sind.
Mit der verabschiedeten EU-Richtlinie von 2022 schätzt KPMG, dass sich diese Zahl bis 2028, wenn die letzten, kleineren Unternehmen berichtspflichtig werden, auf ca. 15.000 erhöht. In der EU steigt die Anzahl auf insgesamt 50.000 betroffene Unternehmen. EU-weit beträgt die Steigerung damit rund 300 %, in Deutschland jedoch geht die Zahl mit rund 3.000 % durch die Decke.
Basierend auf Rückmeldungen aus der Praxis entwarf die EU im April 2021 dann eine Weiterentwicklung der CSRD. Die Änderungen laufen dabei vor allem auf eines hinaus: Nachhaltigkeit nimmt eine immer wichtigere Rolle ein, die letztendlich der finanziellen Berichterstattung ebenbürtig sein soll.
Beschlossen vom Europäischen Rat am 28. November 2022, veröffentlichte dieser gemeinsam mit dem Europäischen Parlament am 14. Dezember 2022 die erneuerte Richtlinie (EU) 2022/2464, welche damit in Kraft tritt. EU-Länder haben nun 18 Monate Zeit, diese erneuerte EU-Richtlinie in nationales Recht zu überführen. Für Deutschland bedeutet dies, dass das aktuell geltende CSR-RUG von 2017 angepasst werden muss.
Die gleichgestellte Relevanz mit finanziellen Informationen ist unter anderem an der Form der Berichterstattung zu erkennen. Bisher konnte neben dem Lagebericht alternativ auch im Bundesanzeiger oder auf der Firmenwebseite Rechenschaft über Nachhaltigkeit abgelegt werden. Unter der weiterentwickelten EU-Richtlinie ist dagegen die Veröffentlichung als Teil des Lageberichts verpflichtend. Das verkürzt unter anderem die Zeit, die nach Abschluss der Berichtsperiode zur Berichterstellung bleibt.
Entsprechend den höheren Anforderungen verändert sich auch die Prüfung des Berichts. Bisher war diese freiwillig, doch mit Umsetzung der weiterentwickelten EU-Richtlinie wird sie verpflichtend sein. Zunächst gelten dabei die milderen Kriterien der eingeschränkten Prüfungssicherheit. Ab 2026 greifen allerdings die höheren Anforderungen der hinreichenden Prüfungssicherheit, die auch für finanzielles Reporting angewendet werden.
Ein weiterer markanter Unterschied ist die Ausweitung des Anwendungsbereichs der Berichterstattungspflicht. Mit der CSRD sind nun alle Unternehmen angesprochen, die mindestens zwei dieser drei Merkmale erfüllen:
In der Pflicht stehen außerdem alle börsengelisteten Unternehmen. Ausgenommen sind hierbei nur Kleinstunternehmen, die eine Bilanzsumme von 350.000 EUR sowie Nettoumsatzerlöse von 700.000 EUR nicht überschreiten sowie im Jahresdurchschnitt nicht mehr als 10 Beschäftigte haben - zwei dieser drei Kriterien müssen für die Definition als Kleinstunternehmen erfüllt sein.
Stand 2017
Stand 2022
An wen richtet sich die EU-Richtlinie?
Durch welche Kriterien sind Unternehmen sind berichterstattungspflichtig?
Mindestens 2 von 3 Kriterien müssen erfüllt werden.
Große Unternehmen:
Kapitalmarktorientierte KMU:
Nicht-EU-Unternehmen mit EU-Niederlassungen oder EU-Tochterunternehmen:
Welchen zeitlichen Horizont muss der Bericht umfassen?
Wie wird die EU-Richtlinie umgesetzt und ausgelegt?
Wie wird der Nachhaltigkeitsbericht geprüft?
In welcher Form muss der Bericht erfolgen?
Zudem werden strengere Anforderungen an die Inhalte von Nachhaltigkeitsberichten gestellt. Musste der Bericht bisher nur ein Jahr umfassen, werden jetzt kurz-, mittel- und langfristige Prognosen und Analysen erwartet. Europaweit genormte Standards hierfür befinden sich derzeit noch in Entwicklung, strukturieren sich aber um die drei Kernbereiche Governance, Umwelt und Gesellschaft. Fest stehen schon die sechs Umweltziele, von denen die ersten beiden schon im Berichtsjahr 2021 berücksichtigt werden mussten:
Hinzu kommen nun die folgenden Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung in den Bereichen Gesellschaft und Governance (Kapitel 6a, Artikel 29b).
Der Fokus wird dabei noch mehr auf quantifizierbaren Daten liegen. Im EY-Webinar “Neue Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) – Nachhaltigkeitsbezogene Angabepflichten im Lagebericht 2023” betonte etwa Yvonne Meyer, Associate Partner Climate Change and Sustainability von EY Carbon: „Rein qualitative Angaben sind nicht mehr ausreichend. Wir erwarten mit der kommenden Standardisierung vor allem die ganz klare Anforderung an quantitative KPIs, die es dann zu erheben und zu berichten gibt.” Der Aufbau von Prozessen zur Sicherstellung einer verlässliche Datenlage ist deshalb unerlässlich - insbesondere weil Unternehmen nicht mehr viel Zeit bleibt, sich auf die höheren Anforderungen der überarbeiteten CSRD einzustellen.
2025 wird der erste Bericht unter der überarbeiteten CSRD fällig werden. Die Datengrundlage dafür bildet allerdings das Vorjahr. Spätestens Anfang 2024 müssen darum die entsprechenden Prozesse zur Datenerhebung stehen, damit ein ausreichendes Fundament für die Nachhaltigkeitsberichterstattung gegeben ist.
Der Europäische Rat und das Europäische Parlament haben sich bei der Umsetzung der CSRD für folgendes Stufenmodell entschieden, welche Art von Unternehmen ab wann berichtspflichtig sind:
Tochterunternehmen sind weiterhin von der Berichtspflicht entbunden und müssen auf den Konzernbericht verweisen. Dies gilt jedoch nicht, wenn das Tochterunternehmen bereits ebenfalls groß und kapitalmarktorientiert ist.
Eine Studie zur Umsetzung der ersten Iteration der CSRD zitiert zu dieser Problematik ein SDAX-Unternehmen folgendermaßen: „Für den ersten Bericht haben wir uns auf Themen und Daten gestützt, die bei uns erfasst sind. Denn das war das große Problem: Ganz vieles ist einfach nicht erfasst.“ Der stärkere Fokus der überarbeiteten EU-Richtlinie auf quantitativen Messungen verschärft diese Situation in vielen Bereichen noch.
Unterlag Ihr Unternehmen bisher bereits der Berichterstattungspflicht, gilt es deshalb jetzt, bestehende Berichterstattungsmaßnahmen kritisch zu überprüfen und auf einen höheren Informationsbedarf auszurichten. Fallen Sie durch die Änderungen erstmals unter die CSRD, ist die Herausforderung, frühzeitig die notwendigen internen Prozesse aufzubauen, um eine gründliche und datenbasierte Berichterstattung zu gewährleisten.
Doch auch KMUs, die bisher noch nicht zum Adressatenkreis der CSRD bzw. des CSR-RUGs gehören, werden von Stakeholdern an höheren Standards gemessen werden. In jedem Fall wird Transparenz in Sachen Nachhaltigkeit nur noch relevanter werden. Die Zeit zu handeln ist jetzt.
2023 ist das Jahr der Generalprobe für ca. 500 große Unternehmen, sollte aber auch von den KMUs genutzt werden. Es gilt die elementaren Fragen zu stellen:
Mit diesen Fragen im Hinterkopf ergeben sich drei konkrete Schritte, die Unternehmen bereits jetzt gehen können, um gut vorbereitet zu sein.
Mit dem Geschäftsjahr 2024 als erstes berichtspflichtiges Jahr ist es jetzt an der Zeit, Prozesse zur Datensammlung zu planen und einzurichten. Nicole Richter, Partner im Bereich Climate Change and Sustainability Services von EY, wies im oben genannten Webinar darauf hin, dass Unternehmen mit einer Einarbeitungsphase rechnen müssen: „Meine Empfehlung ist, frühzeitig zu beginnen - am besten vorgestern. Das Thema ist wirklich sehr komplex.”
Yvonne Meyer bestätigt außerdem, wie wichtig die Datenqualität sein wird. “Das große Thema wird in vielen Unternehmen wahrscheinlich die Frage der Prüfbarkeit sein. Die Schwierigkeit wird dann sein, den Datenweg zurückzugehen, weil gerade Unternehmen, die ihre Berichtserstattungsysteme erst aufbauen, hier vermutlich noch nicht robust genug sind.” Um Systeme zu gestalten, die eine solche Nachverfolgung ermöglichen, kann externe Unterstützung extrem hilfreich sein.
Partner wie Resourcify sind darauf spezialisiert, Nachhaltigkeit mess- und steuerbar zu machen. Mit der benutzerfreundlichen Resourcify-Plattform lassen sich Abfall- und Recyclingströme lückenlos nachverfolgen, managen und optimieren. Die Zusammenarbeit mit externen Unternehmen, um den gesamten Nachhaltigkeitsbereich in der Berichterstattung abzudecken, bietet langfristig Vorteile: Mittels automatisch generierter Daten und mühelos nachvollziehbarer KPIs lassen sich vielfältige Umweltziele setzen, erreichen und dokumentieren.
Die aktuelle EU-Richtlinie von Dezember 2022 ist mit Sicherheit nicht die letzte Weiterentwicklung des gesetzlichen Rahmens zur Förderung von Nachhaltigkeit. Das Thema Berichterstattung ist darum nicht nur eine Herausforderung, sondern vor allem auch eine Chance. Mehr Transparenz bedeutet auch mehr Möglichkeiten. Bei einer Befragung von Unternehmen zur ersten Generation der CSRD gab schließlich drei Viertel der Unternehmensbefragten an, dass sich die neue Gesetzeslage positiv auf das Nachhaltigkeitsverständnis ausgewirkt habe.
Ob Zero Waste oder ein anderes Nachhaltigkeitsziel - die gleichen Instrumente und Daten, die eine verlässliche Berichterstattung ermöglichen, schaffen auch den Raum zur Erreichung strategischer Unternehmensziele.